Die Zufahrt zu einem Grundstück in Cottbus wurde versperrt – eine Entscheidung des Landgericht Cottbus vom 23.09.2020.

Sachverhalt:

Ein Grundstück ist nur über ein Grundstück des Nachbarn erreichbar. Dieses nachbarliche Grundstück ist öffentlich gewidmet. Dort liegt eine Straße. Zwischen der Straße und dem abgeschnittenen Grundstück ist ein kleiner Grünstreifen. Dieser steht ebenfalls im Eigentum des Nachbarn.

Der Eigentümer des abgeschnittenen Grundstücks verkaufte sein Grundstück. Der Käufer möchte auf dem Grundstück in Cottbus ein Haus bauen. Der dingliche Vorgang bzw. die Umschreibung im Grundbuch steht noch aus.

Der Nachbar-Eigentümer sperrte nun die Zufahrt, in dem er auf dem Grünstreifen ein Hindernis aufstellte. Für eine Zuwegung wurden hohe Geldbeträge gefordert.

Prozess:

Da ein Hauptsacheverfahren bzw. normaler Prozess hier zu lange gedauert hätte, wählte der Kläger den „einstweiligen Rechtsschutz“ bzw. ein beschleunigtes Verfahren. Er klagte auf Duldung der Entfernung des Zauns bzw. Zugang zum eigenen Grundstück.  

Das Landgericht Cottbus hat der Klage stattgegeben und den Nachbarn verurteilt, die Entfernung des Zauns zu dulden und den Zugang zum Grundstück zu gewähren.

Die Eilbedürftigkeit sei gegeben – der Kläger habe den Antrag relativ schnell gestellt und nicht lange gewartet. Man muss also schnell handeln, andernfalls widerlegt man selbst die Eilbedürftigkeit.

Das Cottbus´er Gericht sah den aktuellen Eigentümer als aktivlegitimiert an. Zwar hatte er das Grundstück bereits verkauft, war aber immer noch der Eigentümer und damit betroffen.

Das Landgericht leitete aus der öffentlichen Widmung des Grundstücks das Recht zum Befahren ab. Entscheidend waren hier also die verwaltungsrechtlichen Vorfragen, u.a. die Verwaltungsakte der Stadt Cottbus zur öffentlich-rechtlichen Widmung und ein Streit darüber (zwischen anderen Parteien) vor dem Verwaltungsgericht Cottbus. Insofern kann man nur empfehlen, auch solche Unterlagen rechtzeitig einzusehen und sich in Kopie zu besorgen.

Daneben sah es auch ein Notwegerecht. Die Regelung im BGB dazu lautet:

§ 917 BGB Notweg

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

Die Voraussetzungen für ein Notwegerecht lagen hier vor. Es gab keine andere Zufahrt oder Zuwegung zu öffentlichen Straßen.

Berufung:

Auf die Berufung des Nachbarn musste das Oberlandesgericht Brandenburg die Entscheidung noch einmal prüfen. Dieses bestätigte die Entscheidung des Landgericht Cottbus und regte bereits in der Verhandlung an, das Rechtsmittel zurückzunehmen. Da dies nicht passierte, wurde die Berufung per Urteil zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht führt in der Urteilsbegründung an, dass eine Anspruchsgrundlage für die Beseitigung die entsprechende Anwendung von § 1004 BGB, also die Störung des Eigentums, ist. Der Nachbar verhindert durch den Zaun eine Nutzung des Grundstücks und greift so in die Eigentumsrechte ein.

Die Frage einer Besitzstörung wurde vom Gericht offen gelassen bzw. hätte hier die Frage aufgeworfen, wer Besitzer ist, schon der Erwerber oder noch der Verkäufer des Grundstücks.

Die Frage des Notwegerechts ließ das OLG im Gegensatz zum Landgericht Cottbus ausdrücklich offen. Dies müsse hier nicht entschieden werden.

Das Gericht sah eine öffentliche Widmung für die gesamten Nachbargrundstücke als gegeben an. Der entsprechende Verwaltungsakt der Stadt Cottbus sei bestandskräftig und die Sache durch das Verwaltungsgericht geprüft worden. Der Nachbar hatte bereits diese Allgemeinverfügung erfolglos vor dem Verwaltungsgericht angegriffen.

Es heißt dort:

„…. Aufgrund der sogenannten Tatbestandswirkung sind die ordentlichen Gerichte grundsätzlich verpflichtet, einen Verwaltungsakt, der nicht nichtig ist, als gültig anzuerkennen, solange er nicht von Amts wegen oder auf Rechtsbehelf in dem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben worden ist. Die Bindung bezieht sich zwar nicht auf den dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Sachverhalt. Die Tatbestandswirkung bezieht sich aber auf den Tenor und den Inhalt der in dem Verwaltungsakt getroffenen Regelung . Zwar können im Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess auch bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Ansonsten gilt gleichwohl die Regel, dass mit Eintritt der Unanfechtbarkeit (Bestandskraft) die in einem Verwaltungsakt getroffene Regelung auch für die Zivilgerichte bindend ist. …“

Fazit:

Der Vorteil des einstweiligen Rechtsschutzes ist seine Geschwindigkeit und vorrangige Bearbeitung durch die Gerichte.

Auf der anderen Seite gibt es zusätzliche Risiken. Nicht alles kann man im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes regeln, insbesondere keine Vorwegnahme der Hauptsache. Teilweise ist die Eilbedürftigkeit kritisch, zum anderen entstehen wegen dem Hauptsacheverfahren eventuell mehr Kosten. Es ist eine Abwägung des Einzelfalles, ob man sich für das eine oder andere entscheidet. Das muss man prüfen und abwägen.

Zum anderen ist wichtig, hier die öffentlich-rechtlichen Sachverhalte zu kennen und diese in das Verfahren einzubringen. Insofern spielt der Fall an der Schnittstelle zwischen beiden Rechtsbereichen.

Rechtsanwältin Sergon

Frau Rechtsanwältin Sergon bearbeitet u.a. das Grundstücksrecht und Immobilienrecht, WEG-Recht sowie das Baurecht in der Kanzlei Bandmann & Kollegen. Sie ist für Sie vor Ort in Cottbus und Hoyerswerda sowie telefonisch und das Internet auch darüber hinaus für Sie zu erreichen.