fahrlässige Tötung

Am 12.01.2016 hatte es in Hoyerswerda auf der Grollmußstraße am Klinikum einen tödlichen Verkehrsunfall gegeben. Ein Autofahrer hatte die zwei Fußgänger im Bereich der Fußgängerinsel angefahren und einem tödlich verletzt. Aus diesem Grund war gegen ihn u.a. ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet worden.

Das Amtsgericht Hoyerswerda hatte ihn wegen dem Vorwurf fahrlässige Tötung u.a. zu einer Geldstrafe von 4.000 € verurteilt. Dagegen hatte er Berufung eingelegt und war daher das Landgericht Görlitz in Bautzen zuständig. Dort wurde nun das Verfahren nach Presseberichten gegen Zahlung einer Auflage von 2.000 € nach § 153 a StPO eingestellt.

Kann das sein?

§ 222 Fahrlässige Tötung

Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 229 Fahrlässige Körperverletzung

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Bewertung

Man sollte hier nicht vorschnell in die eine oder andere Richtung sich positionieren, Rache verlangen oder über Senioren schimpfen. Dazu gibt der Sachverhalt zu wenig her und kennt man die genauen Umstände nicht.

Voraussetzung einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung ist die Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit. Gegen welche verkehrsübliche Sorgfalt hat der Fahrer verstoßen? War der Unfall für den Autofahrer vermeidbar? Hier wird es in der Regel um Normen der StVO bzw. Straßenverkehrsordnung gehen.

Es wird aber auch um die Frage der Vermeidbarkeit für die Fußgänger bzw. ein eventuelles Mitverschulden gehen.

Dies muss man anhand der konkreten nachgewiesenen Umstände abwägen. Im Zweifel ist zu Gunsten des Angeklagten bzw. Fahrers von der für ihn günstigsten Variante auszugehen.

 

Kriterien

Wie schnell fuhr der PKW? Liegt eine Geschwindigkeitsübertretung vor?

War der Fahrer alkoholisiert oder stand unter Drogen?

War das Auto intakt – Bremsen, Licht?

Wie waren die Sichtverhältnisse – z.B. Dunkel, Regen, Schnee?  Gab es eine Kurve oder Sichthindernisse wie Bäume? Wie weit konnte der PKW-Fahrer die Fußgänger also vorher sehen?

Gab es Leuchten vor Ort oder war die Kleidung der Fußgänger besonders dunkel?

Sind diese erst kurz vor dem Auto auf die Straße gelaufen, ggf. ohne nach links und rechts zu schauen?

War es ein Zebra-Streifen oder eine Fußgängerampel dort?

Hier sind viele Fragen zu klären, abhängig vom konkreten Vorwurf – hier eben der fahrlässigen Tötung.

Diese Punkte muss der Strafverteidiger zusammen mit dem Mandanten versuchen zu klären. Hierzu ist insbesondere die Akteneinsicht wichtig. Diese bekommt nur der Anwalt. Ggf. sind nicht alle entlastenden Punkte, Beweismittel und Zeugen in der Akte. Zum anderen ist es Aufgabe insbesondere die entlastenden Argumente zu betonen und notfalls diese auch durch die Instanzen zu vertreten. Nicht jeder Richter bewertet den Sachverhalt gleich.

 

Fazit:

Ohne Kenntnis dieser genauen Umstände kann man als Außenstehender das rechtliche Ergebnis (Einstellung gegen Geldauflage) nicht bewerten. Es erspart dem Autofahrer auf jeden Fall eine Verurteilung, eine Eintragung im Bundeszentralregisten, Punkte, mindestens ein Fahrverbot und eine wesentlich höhere Geldstrafe bis ggf. Gefängnisstrafe sowie die ggf. hohen Verfahrenskosten.

Unabhängig davon ist es Aufgabe des KFZ-Haftpflichtversicherers des Autos die zivilrechtlichen Schäden (z.B. Schmerzensgeld, Beerdigungskosten, Arztbehandlungskosten u.v.m.) der Fußgänger zu prüfen und vollständig oder teilweise zu regulieren. Die strafrechtliche Einstellung bedeutet nicht, dass der Autofahrer aus einer zivilrechtlichen Haftung „raus“ wäre.

Man kann wohl auch davon ausgehen, dass so ein Unfall mit diesen Folgen die Beteiligten nicht einfach loslässt und man die Bilder immer wieder im Kopf hat.

 

Martin Bandmann
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

Als Fachanwalt für Verkehrsrecht in Hoyerswerda und Cottbus vertreten wir Geschädigte vom Unfällen bei der Geltendmachung von Schadenersatz. Umgekehrt beraten und vertreten wir Beschuldigte und Betroffene in Bußgeldverfahren und Strafverfahren, z.B. beim Vorwurf fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung, Gefährdung des Straßenverkehrs, Nötigung u.v.m. Dabei holen wir Akteneinsicht ein, besprechen mit unseren Mandanten die Vorwürfe und entlastenden Punkte. Diese vertreten wir schriftlich und im Gerichtstermin gegenüber Staatsanwalt und Gericht. Wir raten dazu, in solchen Verfahren mit so starken Vorwürfen von Anfang an einen spezialsierten Anwalt bzw. Fachanwalt für Verkehrsrecht einzubinden.