Enthält das Arbeitszeugnis eine verschlüsselte Formulierung?
Gemäß § 109 Abs. 1 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf ein wohlwollendes schriftliches Zeugnis . Weiterhin besteht unter bestimmten Umständen ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Es gilt der Grundsatz der Zeugnisklarheit bzw. darf das Arbeitszeugnis keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
konkrete Fall
Im Streitfall enthielt das Arbeitszeugnis u.a. folgenden Text:
„Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Der Kläger war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“
Der Arbeitnehmer klagte hiergegen vor dem Arbeitsgericht und wandte insbesondere ein, dass „kennen gelernt“ eine negative Formulierung sei, mit der der Arbeitgeber eher das Gegenteil der gemachten Aussage sage.
Sowohl die Vorinstanzen wie z.B. das Landesarbeitsgericht Köln, als auch das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (Urteil vom 15.11.2011) wiesen die Klage des Mitarbeiters ab. Die strittige Formulierung, „als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, erweckt nach Ansicht des Gerichtes aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.
Fazit:
Aus Sicht des Unterzeichners bleibt aber unstrittig, dass es eine Zeugnissprache gibt und viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer damit überfordert sind. Gut gefahren ist man als Arbeitnehmer meist, wenn man ein eigenes Zeugnis durch seinen Anwalt vorbereiten und dem Arbeitgeber als Vorschlag zukommen lässt. Oft nimmt der Arbeitgeber dann dieses doch als Muster. Umgekehrt sollte man als Arbeitgeber das Zeugnis als Druckmittel bzw. Verhandlungsmittel nicht zu schnell aus der Hand geben.
Martin Bandmann
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
www.rechtsanwalt-bk.de
Herr Rechtsanwalt Bandmann vertritt Sie als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Cottbus, Hoyerswerda, der Senftenberg und darüber hinaus zu allen Fragen rund um das Arbeitsrecht – egal ob nun Kündigung, Arbeitszeugnis, Aufhebungsvertrag oder Abmahnung. Um diese Vertiefung zu dokumentieren und sich fortzubilden, hat er an dem theoretischen Kurs für den Titel „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ erfolgreich teil.
Sollten Sie sich nicht sicher sein, in welches Rechtsgebiet Ihr Fall gehört und ob dieses ebenfalls bearbeitet wird, so fragen Sie einfach telefonisch und unverbindlich in unserer Kanzlei in Cottbus oder Hoyerswerda an.
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