Fahrstuhl für die Eigentumswohnung

Wie das Amtsgericht München erst mit Pressemitteilung vom 16.01.2015 mitteilte, hatte es bereits 2013 einen solchen Fall entschieden.

Die Kläger wollten im Hof einer Wohnungseigentumsanlage einen Fahrstuhl anbringen. Die Kläger waren Eigentümer und Bewohner des Dachgeschosses. Sie waren zu 60 % bis teilweise sogar zu 100 % schwerbehindert und teilweise auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Mobilität war also massiv eingeschränkt und ein Treppensteigen extrem belastend bzw. schlichtweg nicht mehr möglich.

Sachverhalt

Im Mai 2011 beantragten daher diese Kläger in der Eigentümerversammlung, die Genehmigung für einen Außenaufzug / Fahrstuhl. Die Kosten wollten die Kläger übernehmen. Der Antrag wurde in der Eigentümerversammlung aber dennoch abgelehnt.

Daher klagten die Eigentümer vor dem zuständigen Amtsgericht.

Die Kläger trugen u.a. vor, dass der eine Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen auf einen Aufzug angewiesen sei. Die übrigen Eigentümer würden nur unerheblich beeinträchtigt.

Diese wiederum sahen dies naturgemäß ganz anders und befürchten einen massiven Wertverlust ihres Eigentums durch den Einbau eines Fahrstuhls.

Urteil:

Das Amtsgericht folgte letzteren und hat im konkreten Fall die Klage abgewiesen. Es führte aus:

Die Errichtung eines Außenaufzugs sei eine bauliche Veränderung, die nur verlangt werden kann, wenn jeder Eigentümer, dessen Rechte durch die Maßnahme übermäßig beeinträchtigt werden, zustimmt.

Das Gericht müsse hier im Einzelfall eine Abwägung aller grundrechtlich geschützten Interessen vornehmen. Das Recht der Eigentümer, ihre Wohnungen behindertengerecht nutzen zu können, wird von Artikel 3 Grundgesetz geschützt. Einem Behinderten darf der barrierefreie Zugang zu seiner Wohnung nicht vorenthalten oder unzumutbar erschwert werden. Optische oder akustische Beeinträchtigungen durch eine barrierefreie Gestaltung des Eingangsbereiches oder des Treppenhauses können daher grundsätzlich von den übrigen Eigentümern hinzunehmen sein.

Dem Interesse der Kläger auf behindertengerechte Nutzung des Eigentums stehe jedoch das Interesse der übrigen Eigentümer am Schutz ihres Eigentums gegenüber. Die Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer wird in der Regel dann nicht mehr als nur unerheblich anzusehen sein, wenn mit der barrierefreien Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums erhebliche Wertminderungen der Anlage oder einzelner Wohneinheiten einhergehen.

Durch den Bau des Außenaufzugs würden im hier entschiedenen Fall die Miteigentümer erheblich beeinträchtigt. Die Nutzbarkeit der Garagen und damit der Wert der Garagen und auch Wohnungen würde erheblich beeinträchtigt. Der Sachverständige habe festgestellt, dass mit der Errichtung des Aufzuges das Einparken in die Garagen mit zusätzlichem Rangieraufwand verbunden wäre. Dies führe zu einer erheblichen Wertminderung. Für den Käufer einer Garage sei es von erheblicher Bedeutung, wie die Zufahrt zu der Garage möglich ist, ob das Befahren problemlos in einem Zug oder nur mit mehrmaligem Rangieren möglich sei. Je größer der Aufwand für das Ein- und Ausparken, desto geringer sei der Wert der Garage im Verhältnis zu problemlos befahrbaren Garagen. Diese Wertminderung würde auch auf den Wert der Wohnung durchschlagen.
Auch sei davon auszugehen, dass bei zusätzlichem Rangieren im Hofbereich zusätzlicher Lärm und zusätzliche Abgase entstehen, die diejenigen Eigentümer beeinträchtigen, die Fenster zum Hofbereich haben.

Das Gericht führt weiter aus, dass im vorliegenden Fall das Schutzbedürfnis und die Interessen der Kläger etwas geringer zu bewerten seien als bei vergleichbaren Fällen, in denen die Bewohner auf einen behinderten gerechten Zugang angewiesen seien. Denn die Kläger hätten noch einen weiteren Wohnsitz und die Bewohnerin der Wohnung des Klägers zu 3 würde in absehbarer Zeit ausziehen.“

Fazit:

Es kommt also auf den Einzelfall an bzw. muss eine Interessenabwägung stattfinden. Hierzu ist es erforderlich möglichst umfassend vorzutragen und die für die eigene Seite günstigen Aspekte zu betonen. Dies allein wird aber nicht genügen – als Anspruchsteller gilt es, vermeintliche oder tatsächliche Probleme der Gegenseite durch entsprechende Antragstellung aus dem Weg zu räumen. Notfalls sollte man vor einer Berufung nicht zurückschrecken. Die Interessenabwägung kann in der zweiten Instanz schlicht anders ausfallen. Als Beklagter gilt es umgekehrt die Probleme, Nachteile und rechtlichen Unsicherheiten zu betonen, um so die bauliche Veränderung zu verhindern. Ob das hiesige Amtsgericht Cottbus bzw. die Richter des LG Frankfurt / Oder in zweiter Instanz genauso entscheiden würden, ist also nicht sicher. Die Fälle sind von den konkreten Gegebenheiten eben oft sehr unterschiedlich.

Margit Bandmann
Ihre Rechtsanwältin für Immobilienrecht
in Hoyerswerda und Cottbus

www.rechtsanwalt-bk.de

Frau Rechtsanwältin Bandmann ist Fachanwältin für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG) und bearbeitet vertieft Rechtsfragen rund um die Eigentumswohnung. Dazu gehören Themen wie Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen für und gegen Wohnungseigentümer und Verwalter, Beschlussanfechtung, Hausgeld, Sondereigentum, Besitzstörung und vieles mehr. Sie berät und vertritt Sie als Rechtsanwältin über die Region um Cottbus und Hoyerswerda hinaus in Fragen des Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie weiteren Rechtsgebieten.

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