Mietrecht: Welche Folge kann eine verspätete Rückgabe der Wohnung bei Kündigung für den Mieter haben?
Zieht ein Mieter nach der Kündigung des Mietvertrages nicht zum Beendigungszeitpunkt aus, so kann der Vermieter für die verspätete Rückgabe der Wohnung eine Nutzungsentschädigung verlangen. § 546a Abs. 1 BGB regelt, dass der Vermieter dabei zwischen der vertraglich vereinbarten Miete oder der ortsüblichen Miete wählen kann. Für den Mieter die verspätete Rückgabe kann dies durchaus teuer werden.
Der BGH (VIII ZR 17/16) hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Fall
Ein seit 1993 angemietetes Einfamilienhaus wurde dem Mieter im Oktober 2011 wegen Eigenbedarfs des Vermieters gekündigt. Der Mieter weigerte sich auszuziehen. Er verblieb bis April 2013 im Einfamilienhaus. Während des Verbleibs in der Wohnung zahlte der Mieter die vereinbarte monatliche Miete weiter. Der Vermieter hätte jedoch bereits seit November 2011 eine höhere Neuvertragsmiete verlangen können. Daher schuldete der Mieter dem Vermieter weitere Miete (-Beträge).
§ 546a Abs. 1 BGB erlaubt es dem Vermieter, anstelle des vereinbarten Mietzins die „ortsübliche Miete“ für ein vergleichbares Objekt zu verlangen. Diese Miete kann aber deutlich höher sein als die vertraglich vereinbarte Miete.
Der Mieter wendete im benannten Verfahren mit Verweis auf § 558 Abs. 2 BGB ein, dass der Vermieter sich dann an den Regelungen zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu orientieren hätte. Ausschlaggebend sei damit, dass die üblichen Mieten der letzten vier Jahre nur Berücksichtigung finden könnten.
Urteil:
Der BGH teilte diese Ansicht nicht. Er stellte vielmehr klar, was er unter ortsüblich im Sinne des § 546a BGB verstehe. Hierbei lehnte er den Rückgriff auf § 558 II BGB ab. Er machte stattdessen deutlich, dass dem Vermieter mit der Nutzungsentschädigung ein Druckmittel an die Hand gegeben werden soll, um den Mieter zur fristgemäßen Rückgabe zu bewegen. Das Druckmittel wäre aber beeinträchtigt, wenn bei der Bestimmung der Entschädigung die Mieten der letzten 4 Jahre lediglich zur Berücksichtigung herangezogen werden könnten.
Die Gesetzessystematik lasse zudem einen Verweis auf § 558 BGB nicht zu. Denn die Regelungen zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete würden nur für Mietverhältnisse über Wohnraum Anwendung finden. § 546a BGB hingegen gehöre zu den allgemeinen Bestimmungen des Mietrechts.
Damit also der Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht, muss der Vermieter deshalb nicht erst eine schriftliche Erklärung zur Mieterhöhung verfassen, wie in § 558a Abs. 1 BGB vorausgesetzt. Der Anspruch kann vielmehr ohne vorherige Ankündigung rückwirkend geltend gemacht werden.
Fazit:
Jedem Mieter ist daher zu empfehlen, einer Herausgabe der Wohnung an den Vermieter nicht einfach zu verweigern bzw. sich vorsorglich vorher über die Frage der Wirksamkeit der Kündigung anwaltlich beraten zu lassen (Risikoabschätzung).
Yvonne Sergon
Rechtsanwältin für Mietrecht in Cottbus
Die Kanzlei Bandmann & Kollegen bearbeitet u.a. vertieft das Mietrecht in Cottbus. Die Kollegin Bandmann ist Fachanwältin für Miet- und WEG-Recht, ebenso betreut die Kollegin Sergon Mieter und Vermieter in Cottbus und Hoyerswerda sowie darüber hinaus, u.a. bei der Kündigung oder Abwehr von Kündigungen von Wohnraum- oder Gewerbemietverträgen.
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