Fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber – was nun?

Der Chef spricht Ihnen eine fristlos Kündigung aus.

Vielleicht nicht ganz unberechtigt (auch aus Ihrer Sicht), oft hat so etwas eine Vorgeschichte.

Aber fristlos? Geht das so einfach?

Was für Folgen hat die fristlose Kündigung ( Stichwort Sperrfrist beim Arbeitslosengeld durch die Bundesagentur für Arbeit) und unter welches Voraussetzung ist sie überhaupt wirksam.

Folgen der fristlosen Kündigung

Für einen Arbeitnehmer hat eine fristlose Kündigung immer das hohe Risiko einer Sperrfrist von 12 Wochen beim Arbeitslosengeld, da die BA davon ausgeht, dass man die Arbeitslosigkeit verschuldet hat. Folge der Sperrfrist ist, dass man nicht nur kein Arbeitslosengeld erhält, sondern sich und mitversicherte Kinder für mehrere Hundert Euro freiwillig krankenversichern muss. Weiterhin verkürzt sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld in zeitlicher Hinsicht um diese 12 Wochen. Gleiche Folgen drohen beim Arbeitslosengeld II und mit dem Jobcenter.

Insofern sollte man diese gravierenden Folgen – auch wenn man den konkreten Arbeitsplatz nicht mehr haben will oder mit dem Arbeitgeber „schwer über Kreuz liegt“ – vermeiden.

gesetzliche Regelung

Eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages ist für jede Seite möglich und wird in § 626 BGB geregelt.

§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Voraussetzung der fristlosen Kündigung

1.

Der Arbeitnehmer muss also seine arbeitsvertraglichen Pflichten besonders schwer verletzt haben. In der Praxis spielen als  verhaltensbedingte Gründe für eine fristlose Kündigung eine große Rolle, z.B.

a) die Verweigerung der Arbeitsaufnahme oder einer konkreten Arbeit

b) wiederholtes Nichterscheinen auf Arbeit (ohne Krankenschein vorzulegen)

c) Diebstahl, Betrug (z.B. Arbeitszeitbetrug), Unterschlagung

d) Tätlichkeiten gegen den Arbeitgeber oder Kollegen

e) Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz, ggf. auch im privaten Bereich

f) Verlust der Fahrerlaubnis oder sonstiger speziell notwendiger Erlaubnis

g) schwere Beleidigung des Arbeitgebers oder von Kunden in der Öffentlichkeit

Hier besteht oft Streit darüber, ob die Vorwürfe zutreffen und ist es für den Arbeitgeber oft schwer, diese objektiv bzw. aus Sicht des Gerichtes wirklich nachzuweisen. Im Nachgang stellt sich oft heraus, dass ggf. eine Verdachtskündigung erfolgsversprechender gewesen wäre, hierfür muss man aber deren Bedingungen einhalten und sich vor Ausspruch der Kündigung beraten lassen.

2.

Der Vorwurf muss weiterhin so schwer sein, dass man nicht abmahnen muss oder es müssen einschlägige Abmahnungen bereits vorliegen. Hieran fehlt es oft. Nicht jeder Vorwurf, der aus Arbeitgebersicht sehr schwer ist, reicht aus Sicht des Arbeitsgerichts bzw. fordert dieses oft die vorherige wirksame Abmahnung.

Hier werden mitunter Fehler gemacht bzw. sind die Abmahnungen nicht wirksam oder verbrauchen sich mit der Zeit. Kürzlich mahnte ein Arbeitgeber auch erst ab und kündigte dann aus den selben Gründen – dies geht so nicht, die Abmahnung verbraucht der Vorwurf. Es müssen neue Vorwürfe vorliegen, also nicht vorschnell abmahnen, wenn man eigentlich kündigen will.

3.

Im Rahmen der Abwägung müsste das Gericht weiter dazu kommen, dass es dem Arbeitgeber nicht zumutbar sein darf, die oft eher kurze Kündigungsfrist abzuwarten. Hierand scheitert es, ggf. auch aufgrund sowieso abzugeltender Urlaubs- und Überstundenansprüche, oft.

4.

Die fristlose Kündigung kann nur innerhalb einer Frist von 2 Wochen ausgesprochen werden. Waren dem Arbeitgeber die Vorwürfe länger bekannt, so scheitert auch daran die Kündigung. Man kann also Kündigungsgründe nicht „aufheben“. Es geht dann nur eine fristgemäße Kündigung. Insofern sollte man aus Arbeitnehmersicht nachbohren, wann der Arbeitgeber was wußte und was nicht. Aus Arbeitgebersicht sollte man sich hier eher bedeckt halten und umgekehrt nicht zu lange mit der Kündigung warten.

5.

Aus Arbeitnehmersicht sollte man die schriftliche Mitteilung der Kündigungsgründe fordern. Unabhängig davon lauern Fallstricke für den Arbeitgeber etwa bei der Schriftform oder der Anhörung des Betriebsrates oder Integrationsamtes.

6.

Aus Arbeitnehmersicht ganz wichtig ist die Einhaltung der Klagefrist von 3 Wochen. Innerhalb dieser Frist muss die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht – hier oft dem lokalen Arbeitsgericht Bautzen oder dem Arbeitsgericht Cottbus – eingehen. Andernfalls ist oft eine auch völlig unbegründete Kündigung nur sehr schwer noch anzugreifen. Insofern kann man als Arbeitgeber durchaus „Glück haben“.

Fazit:

Aus Arbeitnehmersicht lohnt sich eine Klage vor dem Arbeitsgericht gegen eine fristlose Kündigung regelmäßig. Die Anforderungen der Arbeitsgerichte sind hoch bzw. arbeitnehmerfreundlich und faktisch werden viele fristlose Kündigungen in „nur noch“ ordentliche Kündigungen umgedeutet, was Lohnausfälle und Sperrfristen vermeidet.

Aus Arbeitgebersicht sollte man möglichst bereits vor, allerspätestens aber nach der Kündigung anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und prüfen, ob die Kündigungsgründe wirklich tragen, wie diese belegt werden können oder ob ggf. weitere Kündigungsgründe nachgeschoben werden können und sollten. Andernfalls riskiert man eine Unwirksamkeit der Kündigung oder Zahlung hoher Abfindungen / Lohnnachzahlungen.Mitunter empfiehlt es sich aus Arbeitgebersicht sogar nur eine fristgemäße Kündigung auszusprechen und auf eine fristlose zu verzichten, mit ersterer gerät man nicht automatisch in Annahmeverzug und kann bei einem säumigen Arbeitnehmer schlicht warten. Das Klagerisiko bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Klage sinkt ebenso. Dies gilt es im Einzelfall abzuwägen.

 

Martin Bandmann
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Cottbus

www.rechtsanwalt-bk.de

Der Verfasser hat den theoretischen Kurs für den Fachanwalt für Arbeitsrecht erfolgreich abgeschlossen, besucht regelmäßig arbeitsrechtliche Fortbildungen und bearbeitet vertieft das Arbeitsrecht. Dazu gehören neben der Bearbeitung als Rechtsanwalt von Kündigungen oder Aufhebungsverträgen eben auch fristlose Kündigungen – egal ob nun aus Arbeitgeber- oder Arbeitnehmersicht.

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