Kann ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitskollegen 8.000 € Schmerzensgeld nach einem Fausthieb verlangen, wenn er später Depressionen erleidet?

So einfach ist die Frage nicht.

Zum einen gibt es zur Wahrung des Betriebsfriedens einen besondere Absicherung der Arbeitnehmer über die Berufsgenossenschaft / Sozialgesetzbuch. Um anschließend keinen Streit darüber, ob der Unfall nicht durch einen Arbeitskollegen und wenn ja, zu wieviel Prozent verursacht zu haben, haften Arbeitskollegen bei einem Arbeitsunfall grundsätzlich nicht untereinander, auch nicht auf Schmerzensgeld (u.a. § 105 SGB 7).

Eine Ausnahme gibt es aber z.B. bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles, eben z.B. bei einem mit Vorsatz ausgeführten Faustschlag. Voraussetzung ist aber auch, dass der Vorsatz die Folgen mit umfasst. Bei üblichen Folgen mag dies unstrittig sein, bei sehr ungewöhnlichen muss man dies schon näher prüfen.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bejahte daher in seinem Urteil ( 9 Sa 1914/08, 20.05.10) den Anspruch dem Grunde nach.

Die weitere Streitfrage war, ob dem Schädiger bei der Bemessung des Schmerzensgeldes auch die Depression und lang andauernde Krankheit des Arbeitskollegen anzulasten war, ob diese Erkrankung vorlag und wie sich diese beim Schmerzensgeld auswirkt.

Generell muss man sagen, dass niemand den Anspruch hat, einen gesunden Menschen mit optimalen Heilverlauf zu schädigen. Besonders schlechte Heilverläufe (z.B. in Form einer psychischen Prädisposition) gehen grundsätzlich auch zu Lasten des Verletzenden und nicht des Verletzten. Psychische Schäden sind grundsätzlich auch als Verletzungen anerkannt, sind aber oft schwer nachzuweisen. Manchmal wird der Verdacht geäußert, da spiele jemand etwas vor und wolle doch nur viel Geld bzw. Schmerzensgeld herausschlagen.

Das Gericht hatte im konkreten Fall die Beweisaufnahme wiederholt und anders als das erstinstanzliche Gericht einen Bagatellfall abgelehnt. Das die depressive Anpassungsreaktion auf dem Faustschlag beruhte, sah es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an und bezog sie daher in die Bemessung des Schmerzensgeldes ein. Es ging davon aus, dass ein vorsätzlicher Faustschlag mit einem Schmerzensgeld von ca. 3.500 € zu bemessen sei und erhöhte im Hinblick auf die massiven Folgen bzw. einer Arbeitsunfähigkeit von 14 Monaten (!) auf 8.000 € Schmerzensgeld. Weiterhin sprach es dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf den aufgelaufenen Verdienstausfall zu.

Fazit:

Für die Höhe des Schmerzensgeldes kommt es eben darauf an, dass man die Folgen ausreichend vortragen und beweisen kann. Wir raten daher unseren Mandanten u.a. zu einer schnellen Konsultation eines Arztes und dessen umfassender Information über die Folgen der Verletzung. Aus Scham oder falsch verstandener Rücksicht sollte man nicht die Zähne zusammenbeißen und das ein oder andere Symptom unterschlagen oder auf den Besuch verzichten. Gleiches gilt auch nach einem Verkehrsunfall und hierbei erlittenen Verletzungen. Lassen Sie sich rechtzeitig anwaltlich beraten, um Ihre Ansprüche zu prüfen und ggf. durchsetzen zu lassen.

 

Martin Bandmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt

www.rechtsanwalt-bk.de

Der Verfasser ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und hat den theoretischen Kurs für den Fachanwalt für Arbeitsrecht erfolgreich abgeschlossen. Zum Verkehrsrecht gehören z.B. Themen wie die Abwicklung von Verkehrsunfällen und Geltendmachung von Schadensersatz (u.a. Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Sachschäden). Zum Arbeitsrecht gehören neben der Bearbeitung von Kündigungen oder Aufhebungsverträgen eben auch Streitigkeiten um Lohn, Gehalt, Schadenersatz, Arbeitszeugnis oder Herausgabe von Unterlagen.

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