Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit Urteil vom 10.7.2013 zu dieser Frage geäußert.
Grundsätzlich muss man klar zwischen einem Mietvertrag über Wohnraum und einem Mietvertrag über gewerbliche Räume unterscheiden. Hintergrund ist, dass der Bereich der Wohnraummiete aus sozialen Gesichtspunkten durch den Gesetzgeber stark reglementiert ist bzw. viele Schutzvorschriften für den Mieter enthält.
Obwohl auch im Gewerbemietrecht teilweise ein deutliches Macht- und Wissensgefälle zwischen Vermieter und Mieter besteht, gelten hier viele Schutzvorschriften nicht oder allenfalls nur eingeschränkt.
Im konkreten Fall hatte der Vermieter dem Mieter eine Betriebskostenabrechnung übersandt und das Guthaben aufgrund der Vorauszahlungen ausgezahlt. Der Mieter monierte einige Positionen und der Vermieter überprüfte seine Abrechnung. Dumm nur, dass er dabei bemerkte, eine größere Position völlig vergessen zu haben. Die korrigierte Abrechnung führte daher zu einer Nachforderung, die der Mieter verweigerte.
Strittig war die Rechtsfrage, ob mit der Abrechnung der Betriebskosten der gewerbliche Vermieter auf weitere Positionen automatisch verzichtet oder nicht. Muss der Mieter von Gewerberäumen nachzahlen oder nicht.
Die Vorgerichte waren davon ausgegangen, dass der Vermieter mit der Abrechnung ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben hatte und daher nicht mehr nachfordern konnte.Dies entsprach der wohl überwiegenden älteren Rechtsprechung und Literatur bis zur Reform des Mietrechts im Jahre 2001.
Nach der Reform war dies nicht mehr notwendig, da für den Bereich der Wohnungsmietverträge im Gesetz eine klare Frist geregelt war, bis wann der Vermieter noch Nachforderungen erheben konnte. Der BGH lehnte daher mit Urteil vom 12.01.2011 für diesen Bereich die Konstruktion eines deklaratorischen Schuldverhältnisses ab bzw. verließ sich auf die gesetzlichen Fristen. Der Vermieter konnte innerhalb dieser also die Abrechnung zu Lasten des Mieters korrigieren.
Nunmehr war die Frage, ob er dies auf den Bereich der Gewerbemiete ausdehnen würde. Da hier die Ausschlussfrist aus dem Wohnungsmietrecht nicht greift, wäre das Bedürfnis nach abschließender Abrechnung weiterhin gegeben. Der Mieter soll in vertretbarer Zeit Gewissheit über seine Verpflichtungen haben und nicht in Sorge um größere Nachzahlungen über lange Zeit (in den Grenzen der Verjährung und Verwirkung) leben müssen – so viele Meinungen.
Dies hat das Gericht nunmehr abgelehnt. Es begründet dies u.a. damit, dass für ein Schuldanerkenntnis bzw. somit einen Vertrag von beiden Seiten ein entsprechender Rechtsbindungswillen vorliegen muss. Diesen sollte man nicht konstruieren. Im Regelfall wird der Vermieter mit der Abrechnung nicht erklären wollen, dass er auf weitere Nachforderungen verzichtet.
Der BGH weist aber daraufhin, dass es den Parteien unbenommen bleibt, sich z.B. individuell darauf zu einigen, dass ein bestimmter Saldo der Betriebskosten und Betriebskostenabschläge von beiden Seiten als endgültig akzeptiert wird und somit beide Seiten auf Korrekturen verzichten. Ggf. findet sich hierzu auch etwas im geschlossenen Mietvertrag.
Fazit: Als Vermieter können Sie etwas aufatmen und Fehler nachträglich noch korrigieren. Damit sollten sie aber nicht zu lange warten, da andernfalls die Verjährung und ggf. Beweisprobleme drohen. Umgekehrt sollte man als Mieter von Gewerberäumen wissen, dass der gesetzliche Schutz niedriger ist und es oft auf die sehr umfangreichen Mietverträge ankommt. Lassen Sie sich zu deren Inhalt vor Unterzeichnung bzw. bei Unklarheiten immer beraten.
Margit Bandmann
Ihre Rechtsanwältin für Mietrecht
Frau Rechtsanwältin Bandmann ist Fachanwalt für Mietrecht und WEG-Recht in Cottbus und bearbeitet vertieft u.a. das gewerbliche Miet- und Immobilienrecht. Dazu gehören Themen wie Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen gegen den Vermieter von Gewerbeimmobilien oder Mieter, Beratung gewerblicher Mieter, Prüfung von Gewerbemietverträgen, egal ob z.B. gemietetes Ladengeschäft, Büro, Werkstatt, Gaststätte oder Pacht solcher Räume. Sie berät und vertritt Sie als Rechtsanwältin über die Region um Cottbus, Spremberg, Hoyerswerda oder Senftenberg hinaus in allen Fragen des gewerblichen Mietrechts sowie weiteren Rechtsgebieten.
Sollten Sie sich nicht sicher sein, in welches Rechtsgebiet Ihr Fall gehört und ob dieses ebenfalls bearbeitet wird, so fragen Sie einfach telefonisch und unverbindlich an.
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